Berufskraftfahrerqualifikation – Handwerkerausnahme

Anfang September 2009 ist das Berufs-Kraft-Fahrer-Qualifikations-Gesetz mit seinen Bestimmungen für den gewerblichen Güterverkehr in Kraft getreten.
Das Gesetz sieht vor, dass Fahrerinnen und Fahrer, die Güterkraft- oder Personenverkehr auf öffentlichen Straßen durchführen, eine Qualifizierung nachweisen müssen, um in diesen Bereichen entweder als Unternehmer/in, selbständige/r Kraftfahrer/in oder als abhängig beschäftigte/r Fahrer/in tätig sein zu dürfen. Betroffen davon sind Fahrerinnen und Fahrer von Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen im Güterverkehr, sowie von Fahrzeugen mit mehr als 8 Fahrgastplätzen im Personenverkehr. Dies gilt für den gewerblichen Straßengüter- und Straßenpersonenverkehr ebenso wie für den Werkverkehr.
Damit wären die meisten im Gerüstbauhandwerk eingesetzten Fahrerinnen und Fahrer betroffen.
Zum Glück sieht das Berufs-Kraft-Fahrer-Qualifikations-Gesetz (BKrFQG) in § 1 (2) Nr. 5 eine Ausnahmeregelung für Handwerker vor. Diese lautet:
(2) Abweichend von Absatz 1 gilt dieses Gesetz nicht für Fahrten mit

5. Kraftfahrzeugen zur Beförderung von Material oder Ausrüstung, das der Fahrer oder die Fahrerin
zur Ausübung des Berufs verwendet, sofern es sich beim Führen des Kraftfahrzeugs nicht um die
Hauptbeschäftigung handelt.
Die Ausnahmeregelung ist erfreulich offen gehalten und enthält keinerlei Beschränkungen beim zulässigem Gesamtgewicht des Fahrzeugs und der zurückgelegten Fahrstrecke (Zirkelschlag um den Betriebssitz).
Folglich wird ein Gerüstbaumonteur der mit einem über 3,5 t schweren Fahrzeug zur Baustelle fährt in der Regel von der in § 1 (2) Nr. 5 formulierte Ausnahmeregelung des Berufs-Kraft-Fahrer-Qualifikations-Gesetzes (BKrFQG) erfasst.
Zu den Details der Ausnahmeregelung im Einzelnen:
Der Begriff „Material oder Ausrüstung“ ist weit auszulegen, wie dem folgenden Auszug aus der Bund- Länder Vereinbarung zu entnehmen ist.
„Die Begriffe „Material, Ausrüstung“ sind weit auszulegen. In Betracht kommt eine zur Erbringung von Dienst- und Werkleistungen notwendige Beförderung von Werkzeugen, Ersatzteilen, Bau- und Einkaufsmaterialien, Werkstoffen, Geräten, sonstigem Zubehör sowie der An- und Abtransport von Waren und Geräten, die im Handwerksbetrieb hergestellt oder repariert werden. Erfasst wird danach auch der Transport von einzubauenden Produkten wie Fernster oder Generatoren.“ (Auszug aus Bund-Länder-Vereinbarung 11/2008, Quelle BAG)
Wir gehen davon aus, dass Gerüstmaterial von den Begriffen „Material und Ausrüstung“ erfasst ist. Der fahrende Monteur verbaut das geladene Gerüstmaterial und verwendet es somit für die Ausübung seines Berufes.

Für eine Feststellung der Haupttätigkeit ist das Gesamtbild der wöchentlichen bzw. monatlichen Arbeitszeitverteilung auf Fahr- und Montagetätigkeiten entscheidend.
Das Fahren stellt bei einem Gerüstbauer in der Regel nicht die Haupttätigkeit dar, weil die Montagetätigkeit zeitlich überwiegt. Das gilt auch, wenn z. B. am Anreisetag zu einer Fernbaustelle die Fahrzeit ausnahmsweise länger dauert als die Montagezeit bzw. an diesem Tag ausschließlich gefahren wird.
Für den Fall einer Kontrolle kann es sinnvoll sein, dem Mitarbeiter einen Schriftsatz mit zu geben, aus dem hervorgeht, dass er als Monteur und nicht als Fahrer eingestellt worden ist Kann die Ausnahmeregelung angewendet werden, muss der Fahrer bzw. die Fahrerin weder eine sogenannte Grundqualifikation noch eine Weiterbildung nachweisen.
Das gilt auch wenn der Monteur den Führerschein erst in Zukunft erwerben möchte (vgl. info 3/08 Seite 19).
Gerüstbauunternehmen, die keine Fahrer im „Speditionsbetrieb“ einsetzen und kein Fahrzeug mit mehr als 8 Fahrgastplätzen haben, sind normalerweise vom Berufs-Kraft-Fahrer-Qualifikations-Gesetz nicht betroffen und müssen keine Qualifizierungsmaßnahmen ergreifen.
Arbeitet ein Unternehmen mit einer Art „Speditionsbetrieb“, in dem ein oder mehrere Fahrer fast „ausschließlich“ Gerüstmaterial auf die Baustellen fahren und ggf. beim auf- und abladen helfen, kann der vorgestellte Ausnahmetatbestand des Berufs-Kraft-Fahrer-Qualifikations-Gesetzes (BKrFQG) nicht in Anspruch genommen werden. Das Fahren stellt in diesen Fällen die Haupttätigkeit dar. Der Nachweis einer überwiegenden Fahrtätigkeit kann von den Kontrolleuren zum Beispiel anhand der Aufzeichnungen auf den Fahrerkarten erfolgen.
Das BKrFQG differenziert zwischen der Grundqualifikation und der Weiterbildung. Der Nachweis einer Grundqualifikation muss von Personen erbracht werden, die im Güterkraftverkehr eingesetzt werden und ihren Führerschein nach dem 10. September 2009 erwerben. Fahrer im Personenverkehr müssen eine Grundqualifikation nachweisen, wenn sie den Führerschein nach dem 10. September 2008 erhalten haben.
Für alle Fahrer gilt grundsätzlich die sogenannte Weiterbildungsverpflichtung, es sei denn, es kann die „Handwerker-Ausnahme“ in Anspruch genommen werden.
Wer den zeitlichen und finanziellen Aufwand der Fortbildung gleichmäßig verteilen möchte, startet so früh wie möglich. Und: Wer früh beginnt, kommt nicht in den zu erwartenden Ansturm in den Jahren 2013 und 2014, denn spätestens dann müssen fast alle die Fortbildung nachweisen können. Es droht Bußgeld bis zu 20.000 Euro.